Kranzniederlegung zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus

Heute vor 77 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz durch die Rote Armee befreit. Wie kein anderer Ort steht Auschwitz, und insbesondere das Lager II Birkenau, für die unfassbaren Gräuel der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Aus diesem Grund wurde dieses Datum zu Recht im Jahr 1996 auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. In Auschwitz-Birkenau offenbarte sich die mörderische Konsequenz des nationalsozialistischen Vernichtungswillens in besonders offensichtlicher und symbolträchtiger Weise. Kein anderer Ort steht heute deutlicher für das organisierte – häufig als „fabrikmäßig“ beschriebene – Töten. Am 27.01.1945 befreite die Rote Armee die rund 7.000 verbliebenen Häftlinge. Viele von ihnen starben allerdings noch in den darauffolgenden Tagen an Entkräftung. Rund 1,1 Millionen Menschen ließen ihr Leben alleine in den Auschwitzer Lagern.

Wenn wir heute der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gedenken, so geht dieses Erinnern jedoch weit über Auschwitz hinaus. Die Verbrechen vollzogen sich nicht nur in den bekannten Vernichtungslagern zwischen Kulmhof und Sobibor, sondern überall im Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten. Auch in der Stadt Nossen ließen über 100 Menschen im KZ-Außenlager am Zellwald ihr Leben. 87 Opfer sind im Ehrengrab auf dem Nossener Friedhof beigesetzt. In Nossen war das Lager – ein Außenposten des KZ Flossenbürg – nur für ein reichliches halbes Jahr eingerichtet. Die unmenschlichen Lebensverhältnisse führten zu den zahlreichen Todesopfern. Auch dies war ein Wesenszug der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik: Ausbeutung bis zum (einkalkulierten) Tod.

Auch auf den Todesmärschen, die im April 1945 auf dem Weg ins Böhmische über Nossen führten, ließen in den letzten Kriegstagen zahlreiche Gefangene in unserer Region ihr Leben.

Ich habe heute im Namen der Stadt Nossen zum Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft einen Kranz am Ehrengrab niedergelegt. Aufgrund der aktuellen Coronasituation erfolgte dies ohne offiziellen Gedenkakt.

Anlässlich der Einführung des Gedenktages mahnte Roman Herzog in seiner Rede am 19.01.1996 vor dem Deutschen Bundestag, das Gedenken als Nachdenken zu begreifen. In diesem Sinne möchte ich an uns alle appellieren, die entscheidenden Ursachen des massenhaften Mordens stets im Hinterkopf zu behalten: Die Akzeptanz von Gewalt als Herrschaftsmittel, die Leugnung einer universellen Menschenwürde und die Banalität des Bösen, die sich in der Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid anderer Menschen äußert.

Nossen, am 27.01.2022

Christian Bartusch

Bürgermeister

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